Häufig bestätigt ein Vertrags-und Verhandlungspartner eines Unternehmens dem anderen Verhandlungspartner schriftlich das Ergebnis einer Besprechung oder eines Telefonates und stützt sich hierbei auf eine vertraglich bereits bestehende Geschäftsbeziehung. Probleme tauchen dann auf, wenn der andere Vertragspartner auf das Bestätigungsschreiben schweigt. Wie ist dieses Schweigen auszulegen: als eine Zustimmung oder als eine Ablehnung zum Inhalt des Bestätigungsschreibens?
Auch im kaufmännischen Verkehr gilt Schweigen auf eine Willenserklärung grundsätzlich als eine Ablehnung des Inhalts der Willenserklärung. Ein Sonderfall ist das so genannte kaufmännische Bestätigungsschreiben. Im Handelsverkehr gilt der Grundsatz, dass der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen muss, wenn er den Inhalt des Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Widerspricht er nicht, wird der Vertrag mit dem aus dem Bestätigungsschreiben ersichtlichen Inhalt rechtsverbindlich, es sei denn, dass der bestätigende das Verhandlungsergebnis bewusst unrichtig wiedergegeben hat oder das Bestätigungsschreiben inhaltlich so weit vom Verhandlungsergebnis abweicht, dass der Absender vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis des Empfängers rechnen konnte. Gegen diese Sondertatbestände nicht vor, so wird durch sein Schweigen der Vertrag nach Maßgabe des Bestätigungsschreibens geändert oder ergänzt. War noch kein Vertrag geschlossen worden, kommt er mit dem aus der Bestätigung ersichtlichen Inhalt Stande (BGH 7,189; BGH 11,3 ständige Rechtsprechung und herrschende Meinung). Die Grundsätze des Bestätigungsschreibens werden mit einem Handelsbrauch im Verkehr unter Kaufleuten begründet.
Die Frage stellt sich, ob dies auch im internationalen Rechtsverkehr unter Kaufleuten gilt. Haben die Vertragspartner die Anwendung deutschen oder österreichischen Rechts vereinbart, in welchem kaufmännische Bestätigungsschreiben Teil der Handelsbräuche sind, so könnte man annehmen, dass auch die Handelsbräuche, zu denen das Bestätigungsschreiben gehört, ebenfalls Anwendung finden. Aufschluss hierüber gibt das deutsche internationale Privatrecht in Rom I 10 Abs. 1 und vor allem Abs. 2. Danach richtet sich das Zu-Stande-Kommen der Willenseinigung grundsätzlich nach dem vereinbarten Vertragsstatut (Abs. 1). Ergibt sich jedoch aus den Umständen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Wirkungen des Verhaltens einer Partei nach dem Vertragsstatut zu bestimmen, so kann sich diese Partei für die Behauptung, sie habe dem Vertrag nicht zugestimmt, auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltes berufen (Abs. 2). Praktische Bedeutung hat dieser Abs. 2 vor allem für die Entscheidung, ob das bloße Schweigen einer Partei etwa auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Zustimmung zu werten sei. (BGH 13 5,124/137; haben RIW 9 4,1046).
Im Rechtsverkehr zwischen Kaufleuten aus Österreich und Deutschland würden die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens ohne weiteres Anwendung finden. (siehe die Dissertation von Frau Eneja Drobež: Kaufmännisches Bestätigungsschreiben im nationalen und internationalen Handelsverkehr, vom 11.11.2010. Gleiches gilt wohl für den kaufmännischen Rechtsverkehr zwischen Deutschland und Italien (OLG Karlsruhe, Urteil v. 11.02.1993 Az. 4 U 61/92). In der Rechtsprechung nationaler Gerichte zum CISG wurde das Zustandekommen des Vertrages durch Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben nur vereinzelt als ein internationaler Handelsbrauch anerkannt. In der Rechtsprechung nationaler Gerichte zum CISG wurde das Zustandekommen des Vertrages durch Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben nur vereinzelt als ein internationaler Handelsbrauch anerkannt (Schlechtriem/Schroeter, Vorbemerkungen zu Artt. 14-24, in: Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum einheitlichen UN Kaufrecht, Rn 21). So beispielsweise in der Entscheidung des ZGr Basel, im Rechtsstreit zwischen dem Schweizer Käufer und dem österreichischen Verkäufer (CISG-online 55 ). In der Literatur wird vertreten, dass im Falle des Bestätigungsschreibens nur dann von einem internationalen Handelsbrauch im Sinne von Art. 9 Abs. 2 CISG gesprochen werden kann, wenn in den Ländern der beteiligten Vertragsparteien im Kern eine ähnliche Regelung existiere. (Stefan Kröll und Rudolf Hennecke: Kaufmännische Bestätigungsschreiben beim internationalen Warenverkauf, RabelsZ 67 (2003).)
Fazit:
Man wird wohl davon ausgehen müssen, dass es einen international anerkannten Handelsbrauch des kaufmännischen Bestätigungsschreiben auch in Europa nicht gibt. Der Gesetzeswortlaut der ROM I Art 10 Abs. 2 lässt erkennen, dass dieser so ohne weiteres auch nicht unterstellt werden kann. Vielmehr kommt es darauf an, ob in den nationalen europäischen Rechtsordnungen der handelnden Kaufleute bzw. Unternehmen ein solcher Brauch mit wesentlich gleichem Inhalt existiert. Ist dies der Fall, dann findet er auch im Rechtsverkehr zwischen diesen beiden Unternehmen Anwendung. Insofern hat die zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe Gültigkeit für den Rechtsverkehr zwischen Deutschland, Österreich, Italien und Schweiz, eventuell auch Slowenien (str.; siehe im Einzelnen: Eneja Drobež: Kaufmännisches Bestätigungsschreiben im nationalen und internationalen Handelsverkehr, vom 11.11.2010).
Bedeutung für Unternehmen:
Es ist Unternehmen aus Staaten mit dem hier besprochenen Handelsbrauch anzuraten, einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben ohne Verzug zu widersprechen, wenn die Rechtswirkungen zu Nachteilen führen. Versäumt ein Unternehmen den unverzüglichen Widerspruch, so ist einem besonnenen Geschäftsführer zu empfehlen, den Rechtsrat suchen, um sich Rechtsklarheit zu verschaffen.