Derzeit ist der BGH mit Schadensersatzklagen von zwei Gebäudeversicherungsunternehmen gegen ein Recyclingunternehmen für Bauschutt befasst, auf dessen Betriebshof vor gut fünf Jahren eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg detoniert war.
In einem Anhörungsverfahren hat der BGH (Az. V ZR 96/18 u.a.) die Haftung des Recyclingunternehmens skeptisch beurteilt. Das Unternehmen muss voraussichtlich nicht für Detonationsschäden an umliegenden Gebäuden aufkommen.
Der Blindgänger war Anfang 2014 beim Zerkleinern von Bauschutt auf dem Gelände in Euskirchen detoniert. Während hierbei ein Baggerfahrer starb, wurden 13 weitere Personen verletzt. Die Druckwelle richtete noch 400 Meter entfernt erhebliche Gebäudeschäden an. Daher fordern zwei Gebäudeversicherer vom Recyclingunternehmen insgesamt mehr als eine Million Euro Schadensersatz, weil es seine Verkehrssicherungspflichten verletzt habe.
Das Recyclingunternehmen verteidigte sich damit, dass die in einem Schuttbrocken verborgene Bombe nachweislich nicht zu sehen gewesen sei. Dass sich die Explosion ausgerechnet auf dem Recyclinghof ereignete, sei Zufall gewesen und hätte sich ebenso gut auf der Baustelle oder beim Transport ereignen können.
Der BGH scheint diesen Argumenten des Recyclingunternehmens zu folgen.
Anmerkungen:
Rechtsfragen zu den Verletzungshandlungen sowie der Kausalität von Verletzungshandlungen und Schäden geben häufig Anlass zu gerichtlichen Schadensersatzklagen.
Zunächst stellt sich dem BGH die Frage, ob das Recyclingunternehmen eine Pflicht zur Prüfung des angelieferten Schutts trifft, deren Versäumnis ein schuldhaftes Unterlassen einer Verkehrssicherungspflicht darstellen kann. Wir dürfen gespannt sein, wie sich der BGH hierzu äußern wird.
Bejaht er eine solche schuldhaft verletzte Verkehrssicherungspflicht, stellt sich die anschließende Frage, ob der Gebäudeschaden vom Zweck der Anspruchsnorm des § 823 Abs. 1 BGB noch erfasst wird.
Es lässt sich nicht leugnen, dass – allein physikalisch betrachtet – die Gebäudeschäden von der Detonation der Bombe auf dem Schuttplatz des Recyclingunternehmens verursacht wurden. Der Schaden ist wohl auch objektiv vorhersehbar gewesen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine solche Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg auf einem Schuttplatz einer Recyclinganlage landet und eine Detonation auslösen kann, selbst wenn dieses Ereignis höchst unwahrscheinlich erscheint und von einer Reihe von zufälligen Abläufen abhängig ist. Die Vorhersehbarkeit ist nach der Rechtsprechung weit auszulegen. Fraglich ist aber, ob die Schadensersatzforderung noch vom Zweck der Schadensersatznorm des § 823 Abs. 1 BGB erfasst wird. Soll ein Unternehmer, das es versäumt hat, angelieferten Schutt auf explosive Materialien zu untersuchen, auch für Schäden anliegender Gebäude im Umkreis von 400m haften? Auch bei dieser Rechtsfrage hat der BGH Gelegenheit, allgemeine Grundsätze zur Normzwecklehre anhand eines konkreten Schadensfalles zu vertiefen.
Abschließend stellt sich die Frage eines möglichen Mitverschuldens des Bauunternehmens, das den Bauschutt auf dem Baugelände abtrug und abtransportieren ließ.
Wir dürfen gespannt sein!