Die Anliegergemeinden des Flughafens Lübeck setzen ein weitgehendes Nachtflugverbot durch – kein planmäßiger Nachtflugbetrieb nach 22:30 Uhr
Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am gestrigen Montag hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts die Klage der Gemeinde Groß Grönau gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Ertüchtigung des Flughafens in Lübeck heute als unbegründet abgewiesen.
I. Sachverhalt
Die Gemeinde Groß Grönau ist eine von vier Klägern, die sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Verkehrsministeriums des Landes Schleswig-Holstein aus dem Jahre 2009 wenden. Zur Abwehr der mit dem erweiterten Flugbetrieb verbundenen Beeinträchtigungen beruft sie sich im Wesentlichen auf ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht, insbesondere auf ihre Planungs- und Finanzhoheit als Gemeinde.
II. Kurzbegründung
Der Urteilsverkündung vom 27.02.2018 war eine mehrstündige Beratung des Senats vorausgegangen. In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende des Senats sodann aus, dass die Klägerin weder mit ihrem Hauptantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch mit ihren zahlreichen Hilfsanträgen durchdringen konnte.
Nur eingeschränkte Rügebefugnis einer Gemeinde zum Lärmschutz
Die Hilfsanträge richteten sich vor allem auf Anordnungen zum aktiven und passiven Lärmschutz sowie auf Beschränkungen des Flugbetriebs. Als Gemeinde steht der Klägerin nur ein beschränktes Überprüfungsrecht zu. In diesem Rahmen hat das OVG Schleswig geprüft, ob die gemeindlichen Belange bei der vorzunehmenden Abwägung ausreichend berücksichtigt worden seien. Fehler seien insoweit nicht festzustellen gewesen. Die Auswirkungen auf die gemeindliche Planung, auf die Gemeindefinanzen und auf gemeindeeigene Grundstücke und Einrichtungen seien durch das Ministerium vollständig und angemessen berücksichtigt worden. Ansprüche auf passiven Schallschutz seien zu Recht einem nachfolgenden Verfahren nach dem Fluglärmschutzgesetz vorbehalten worden, das hier nicht zur Prüfung stand.
Flüge in der Nacht
Erfolg hatte die Klage bereits aber im Vorfeld der Gerichtsentscheidung mit der Rüge, das planmäßige Starts und Landungen zwischen 22:30 und 6:00 Uhr die kommunalen Belange unzulässig beeinträchtigen würden. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken in Bezug auf die Zulassung von Flügen in dieser Nacht(rand)zeit und der Urteilsbegründung, der eine mehrstündige Beratung des Gerichts vorausgegangen war, hätte das Gericht die Zulassung von Flügen in der „Nachtrandzeit“ (22.00 bis 24.00 Uhr, 5.00 bis 6.00 Uhr) nicht akzeptiert.
Das beklagte Ministerium reagierte auf diese Kritik dadurch, dass es den Planfeststellungsbeschluss in der mündlichen Verhandlung wirksam geändert hat. Vom beigeladenen Flughafenbetreiber wurde dies akzeptiert.
Nach der damit »neuen« Betriebszeitenregelung sind planmäßige Starts und Landungen nur noch in der Zeit von 22.00 Uhr bis 22.30 Uhr zulässig und verspätete Landungen nur noch bis 23.00 Uhr akzeptiert, wenn die planmäßige Landezeit bei spätestens 22.30 Uhr liegt. Außerplanmäßige Flugbewegungen in der „Nachtrandzeit“ wurden vollständig gestrichen. Dies wurde vom, Gericht rechtlich nicht mehr beanstandet.
Rechtsmittel
Die Revision wurde nicht zugelassen. Die schriftlichen Urteilsgründe stehen noch aus (Aktenzeichen 1 KS 2/10).
Weiterhin offen sind die Verfahren 1 KS 3/10, 1 KS 4/10, und 1 KS 5/10. Kläger sind zum einen die Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm und zum anderen zwei Privateigentümer von Wohngrundstücken in Groß Grönau und Lübeck.
III. Bewertung
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig folgt der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass an die Zulassung planmäßiger Starts und Landungen zur Nachtzeit weitergehende Anforderungen hinsichtlich der Bedarfsrechtfertigung zu stellen sind. Die Beschränkung auf planmäßige Nachtflüge nur in den 30 Minuten bis 22:30 Uhr ist angesichts der Verkehrsbedeutung des Flughafens Lübeck und der dort nachgefragten Nachtflüge ein wichtiger Erfolg der kommunalen Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss.
Anlage:
Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 27.02.2018